Mehrwertsteuer

EINDRÜCKE DER REVISIONSSAISON.

aus TRETOR Newsletter Ausgabe Juli 1/2014

Im Rahmen unserer Revisionstätigkeit stellen wir immer wieder grosse Unsicherheiten und systematische Fehler im Bereich der Mehrwertsteuer (MWST) fest. Durch die Ausgestaltung als typische Selbstveranlagungssteuer ist der Steuerpflichtige für die korrekte Erhebung und Abführung der Steuerbeträge und dessen Deklaration verantwortlich. Dennoch behält sich die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) selbstverständlich vor, die Arbeit der Steuerpflichtigen regelmässig in Form von Revisionen zu überprüfen. Allfällige bei den Deklarationen gemachte Fehler «rächen» sich spätestens zu diesem Zeitpunkt; Aufrechnungen durch die Eidgenössische Steuerverwaltung – rückwirkend für die vergangenen fünf Jahre – sind die Folge! Damit können die Nachforderungen (inkl. Verzugszinsen) unter Umständen existenzbedrohende Formen annehmen.

Damit die steuerpflichtige Unternehmung der Verantwortung für die korrekte Abwicklung gebührend nachkommen kann, gilt es neben dem Gesetz und der Verordnung ein «Dickicht» an zusätzlichen Regelungen, welche in speziellen «Mehrwertsteuer-Infos» zusammengefasst sind, zu kennen.
Die Funktionsweise der Mehrwertsteuer ist in der Theorie verhältnismässig einfach zu verstehen. Die Komplexität erhält die Steuer und damit verbunden auch die korrekte Abrechnung durch die folgenden Sachverhalte:

  • diverse Umsätze sind durch das Gesetz von der Mehrwertsteuerpflicht ausgenommen
  • es bestehen reduzierte Steuersätze für gewisse Umsätze
  • Exporte sind von der Mehrwertsteuerpflicht befreit

Daraus ergeben sich die folgenden Problemfelder:

  • Auf bestimmte Umsätze wird keine Mehrwertsteuer abgerechnet, weil fälschlicherweise von ausgenommenen Umsätzen ausgegangen wird.
  • Ein Umsatz wird mit dem falschen Mehrwertsteuersatz abgerechnet.
  • Formelle Anforderungen für die Befreiung von Umsätzen können nicht beigebracht werden.
  • Eine mit ausgenommenen Umsätzen IMMER einhergehende notwendige Vorsteuerkorrektur wurde nicht oder nicht in der richtigen Höhe vorgenommen.

Im Rahmen dieses Artikels soll es darum gehen, einige «Dauerbrenner» zu thematisieren, welche bei falscher Handhabung erfahrungsgemäss ein erhebliches Aufrechnungspotenzial aufweisen.

Erkennung allfälliger Mehrwertsteuerrisiken für ihre Unternehmung

Kann Ihre Unternehmung eine der folgenden Fragestellungen mit JA beantworten, besteht grundsätzlich ein erhöhtes «Mehrwertsteuerrisiko»:

  • Ist die Unternehmung international tätig (u.a. Exporte oder Dienstleistungen im Ausland)?
  • Erbringt die Unternehmung von der Mehrwertsteuer ausgenommene Umsätze?
  • Bezieht die Unternehmung Dienstleistungen von Dienstleistern aus dem Ausland?
  • Ist die Unternehmung Eigentümerin von Liegenschaften, welche nicht ausschliesslich betrieblich genutzt werden?
  • Werden Mitarbeitern durch die Unternehmung Geschäftswagen oder auch Parkplätze zur Verfügung gestellt?
  • Werden KEINE jährlichen Umsatzabstimmungen und ein Abgleich mit der Finanzbuchhaltung gemacht?

Exporttätigkeit

Grundsätzlich handelt es sich – entgegen der weitläufigen Meinung – bei Exporten

Die Befreiung dieser Lieferungen von der Mehrwertsteuer erfolgt mit dem PHYSISCHEN Export der Güter.

von Gütern um eine in der Schweiz mehrwertsteuerpflichtige Lieferung. Die Befreiung dieser Lieferungen von der Mehrwertsteuer erfolgt mit dem PHYSISCHEN Export der Güter. Die Verbringung der Güter über die Grenze ins Ausland wird am Zoll durch entsprechende Exportdokumente bestätigt. Ohne das Vorliegen dieser Dokumente fehlt der exportierenden Unternehmung «der Beweis» der Verbringung ins Ausland. Der Umsatz wird durch die Eidgenössische Steuerverwaltung in der Folge als in der Schweiz erbracht beurteilt und die Schweizerische Umsatzsteuer entsprechend erhoben. Wir stellen immer wieder fest, dass diesem formellen Akt der Sicherstellung der notwendigen Exportdokumente zu wenig Beachtung geschenkt wird.

Richtige Zuordung der erbrachten Lieferungen und Dienstleistungen

Aufgrund der Komplexität des Mehrwertsteuerrechts können sich in Bezug auf die erzielten Umsätze einer Unternehmung immer wieder Fragestellungen bei der Einordung der Umsätze (mehrwertsteuerpflichtig oder ausgenommen) ergeben. Bei Unklarheiten empfiehlt sich diesbezüglich eine fundierte Abklärung, allenfalls mit der Einholung eines Rulings bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung. Neben der allenfalls falschen Erfassung der Umsätze können sich insbesondere auch Problematiken im Bereich der Vorsteuern ergeben:
Ausgenommene Umsätze rufen stets eine Korrektur der Vorsteuern hervor!

Dienstleistungsbezug aus dem Ausland

Bezieht eine Unternehmung Dienstleistungen aus dem Ausland, werden diese durch den ausländischen Dienstleistungserbringer infolge der fehlenden wirtschaftlichen Zugehörigkeit in der Schweiz in der Regel ohne Mehrwertsteuer in Rechnung gestellt.

Daraus ergibt sich für die «leistungsempfangende» Gesellschaft, also für die Schweizer Unternehmung, eine Mehrwertsteuerpflicht unter dem Titel der so genannten «Bezugssteuer».

Oftmals wird auf den Rechnungen durch den ausländischen Dienstleistungserbringer folgender Vermerk in Bezug auf die Mehrwertsteuer angebracht: «Abrechnung MWST im Reverse Charge System» oder «Mehrwertsteuerpflicht wird auf den Leistungsempfänger überwälzt». Daraus ergibt sich für die «leistungsempfangende» Gesellschaft, also für die Schweizer Unternehmung, eine Mehrwertsteuerpflicht unter dem Titel der so genannten «Bezugssteuer». Werden durch Ihre Unternehmung solche Leistungen aus dem Ausland bezogen, muss diesem Aspekt bei der Deklaration entsprechend Rechnung getragen werden. NICHT BETRIEBLICH GENUTZTE LIEGENSCHAFTEN Werden Mietzinsen vereinnahmt, handelt es sich gemäss Mehrwertsteuergesetz im Grundsatz um von der Steuer ausgenommene Umsätze. In der Folge dürfen somit angefallene Vorsteuern im Zusammenhang mit der Liegenschaft nicht geltend gemacht werden resp. diese müssen bei gemischter Nutzung (Liegenschaft teilweise betrieblich selbst genutzt, teilweise an Dritte fremdvermietet) anteilig korrigiert werden. Das Fehlerpotenzial ist in diesem Bereich daher hoch. Auf der anderen Seite besteht jedoch auch ein substanzielles Optimierungspotenzial. Eine vertiefte periodische Überprüfung solcher Sachverhalte ist auf jeden Fall zu empfehlen.

Privatanteile für private Nutzung geschäftlicher Fahrzeuge

Bei sämtlichen Leistungsbezügen des Personals von der Unternehmung handelt es sich – bis auf einige wenige Ausnahmen – im Grundsatz um mehrwertsteuerpflichtige Umsätze. Es empfiehlt sich, diese immer im Detail zu überprüfen. Die

Die «populärste» Leistung in diesem Zusammenhang ist sicherlich die Zurverfügungstellung eines Geschäftsfahrzeugs für Privatfahrten.

«populärste» Leistung in diesem Zusammenhang ist sicherlich die Zurverfügungstellung eines Geschäftsfahrzeugs für Privatfahrten. Aus Sicht der Mehrwertsteuer handelt es sich dabei um einen mehrwertsteuerpflichtigen Umsatz, welche entsprechend abzurechnen ist.
Die Bemessung des Privatanteils ist mit den Sozialversicherungen (AHV) und den Bestimmungen zum neuen Lohnausweis koordiniert und beträgt 9.6% des Fahrzeugkaufpreises pro Jahr. Nachfolgend zeigen wir Ihnen in konkretes Berechnungsbeispiel auf:
Da die korrekte Handhabung des Privatanteils bei privat genutzten Geschäftsfahrzeugen bei Revisionen durch die Eidgenössische Steuerverwaltung ohnehin immer

Da die korrekte Handhabung des Privatanteils bei privat genutzten Geschäftsfahrzeugen bei Revisionen durch die Eidgenössische Steuerverwal- tung ohnehin immer geprüft wird, können durch die Einhal- tung der Bestimmungen Diskussionen zum Vornherein umgangen werden.

geprüft wird, können durch die Einhaltung der Bestimmungen Diskussionen zum Vornherein umgangen werden.

Umsatzabstimmung


Das per 1. Januar 2010 in Kraft getretene revidierte Mehrwertsteuergesetz (resp. die dazugehörende Verordnung) hält in eindeutiger Weise fest, dass durch die steuerpflichtige Unternehmung jährlich eine umfassende Umsatzabstimmung innerhalb von sechs Monaten nach Geschäftsabschluss vorgenommen werden muss. Was unter der alten Gesetzgebung bis Ende 2009 eine Praxis der ESTV war, ist nun unabdingbare Bedingung.
Die Umsatzabstimmung, nicht zu verwechseln mit der MWST-Verprobung, soll dabei sicherstellen, dass sämtliche vereinnahmten Entgelte auch tatsächlich mit der Umsatzsteuer abgerechnet wurden. Nicht zu vernachlässigen ist die periodische Überprüfung der Systemeinstellungen des Buchhaltungsprogrammes (u.a. die MWSTCodes).
Eine umfassende und klar ausgearbeitete Umsatzabstimmung bietet dem Revisor der Eidgenössischen Steuerverwaltung eine geeignete Ausgangslage, um die Prüfung durchzuführen. Aus unserer Erfahrung erarbeitet sich die Unternehmung dadurch auch einen nicht zu unterschätzenden Goodwill anlässlich der Prüfung. Dies neben der Tatsache, dass die Unternehmung bereits durch die Erstellung allfällige Fehlerquellen feststellen und eliminieren kann.


Die Umsatzabstimmung, nicht zu verwechseln mit der MWST-Verprobung, soll dabei sicherstellen, dass sämtliche vereinnahmten Entgelte auch tatsächlich mit der Umsatzsteuer abgerechnet wurden.

Zu erwähnen gilt es in diesem Zusammenhang, dass die Eidgenössische Steuerverwaltung nicht nur eine Umsatzabstimmung, sondern auch eine Vorsteuerplausibilisierung voraussetzt.


Fazit


Wie den vorstehenden «Problemfeldern» entnommen werden kann, handelt es sich bei der MWST um eine vielschichtige und komplexe Steuer. Durch eine periodische Überprüfung und das rechtzeitige Erkennen der «Stolperfallen» können diese eliminiert und dadurch unangenehme Konsequenzen bei einer allfälligen Prüfung vermieden werden.
Selbstverständlich stehen wir Ihnen für eine systematische Prüfung der Mehrwertsteuerthematik bezogen auf Ihre Unternehmung sehr gerne zur Verfügung.

Autor

Dettwiler Martin 3254

M.a.r.t.i.n. .D.e.t.t.w.i.l.e.r

Mitglied der Geschäftsleitung, Mitglied des Verwaltungsrates, Partner
dipl. Steuerexperte
dipl. Betriebsökonom FH
zugelassener Revisionsexperte