Dienstleistungsbezug aus dem Ausland – Bezugssteuer (Mehrwertsteuer)
Dienstleistungsbezug aus dem Ausland – Bezugssteuer (Mehrwertsteuer)
Die Einfuhr- oder Importsteuer ist weitläufig bekannt. Bestellen Sie Waren aus dem Ausland oder erledigen beispielsweise Ihren Wocheneinkauf im Süddeutschen Raum wissen Sie, dass beim Grenzübertritt die Einfuhrsteuern in der Schweiz geschuldet sind, wenn der Warenwert einen gewissen Frankenbetrag übersteigt.
Hätten Sie gewusst, dass für die folgenden zwei Beispiele von Dienstleistungsbezügen aus dem Ausland die Empfänger eine sogenannte Bezugssteuerpflicht begründen?
- Die Stiftung Alpha ist steuerbefreit (Gewinn- und Kapitalsteuern) und nicht mehrwertsteuerpflichtig. Für die Strategie und Umsetzung ihrer Vermögensanlagen zieht die Stiftung regelmässig einen französischen Berater bei, der jährlich Honorare im Betrag von EUR 15‘000 in Rechnung stellt.
- Eine Privatperson mit Wohnsitz in der Schweiz bezieht bei einem Unternehmen in Deutschland Beratungsleistungen in Rechtsfragen im Betrag von EUR 15‘000.
Grundlagen und Zweck der Steuer
Die Bezugssteuer ist keine neue Steuer, jedoch stellen wir in der Praxis häufig fest, dass diese weitgehend unbekannt ist. Die Mehrwertsteuer ist eine bekannte Verbrauchssteuer, mit der wir alle täglich konfrontiert sind. Als Mehrwertsteuer erhebt der Bund die folgenden Steuern:
- Inlandsteuer – Steuer auf im Inland erbrachten Lieferungen und Dienstleistungen von steuerpflichtigen Personen
- Bezugssteuer – Steuer auf dem Bezug von Leistungen von Unternehmen im Ausland
- Einfuhrsteuer – Steuer auf der Einfuhr von Gegenständen
Etwas salopp formuliert ist die Bezugssteuer die Einfuhrsteuer für Dienstleistungen. Diese Umschreibung bildet zwar nicht das gesamte Spektrum der Bezugssteuer ab, jedoch hilft es im Grundsatz zu verstehen, worum es geht: Die Steuer bezweckt die Gleichstellung von im Ausland bezogenen Dienstleistungen gegenüber im Inland bezogenen Dienstleistungen.
Bezugssteuerpflicht
Die Bezugssteuer betrifft unter anderen und im Grundsatz alle Bezüger von Dienstleistungen im Inland, die von ausländischen Unternehmen erbracht werden.
Nicht mehrwertsteuerpflichtige Personen im Inland, wie beispielsweise Privatpersonen oder auch Unternehmen, werden ab einem jährlichen Dienstleistungsbezug von CHF 10‘000 bezugssteuerpflichtig. Die Bezugssteuerpflicht ist nicht mit der Mehrwertsteuerpflicht zu verwechseln. Das bedeutet, sie können zwar bezugssteuerpflichtig werden, ohne gleichzeitig eine Mehrwertsteuerpflicht zu begründen.
Auf die generelle Mehrwertsteuerpflicht von ausländischen Unternehmen in der Schweiz ein gehen wir in diesem Artikel nicht weiter ein.
Funktionsweise der Steuer
Eine der Grundregeln im Schweizer Mehrwertsteuergesetz besagt, dass Dienstleistungen grundsätzlich am Ort des Leistungsempfängers zu besteuern sind. Es gibt einige gesetzlich normierte Ausnahmen, die diese Regel durchbrechen. Nachstehend gehen wir von der Grundregel aus.
Weiter nehmen wir an, dass es sich beim Leistungserbringer immer um ein Unternehmen mit Sitz und Geschäftstätigkeit im Ausland handelt, welches in der Schweiz Dienstleistungen erbringt, jedoch in der Schweiz nicht mehrwertsteuerpflichtig ist und in der Schweiz keine Niederlassung betreibt.
Erbringt nun unser ausländischer Anbieter eine Dienstleistung gegenüber einem Schweizer Kunden, wird auf seiner Rechnung keine Schweizer Mehrwertsteuer enthalten sein. Diesen vermeintlichen Wettbewerbsvorteil gleicht die Bezugssteuer zu Gunsten der Schweizer Dienstleistungsanbieter – wie vorgenannt – aus.
Deklaration
Wenn nun der ausländische Rechnungssteller die Schweizer Mehrwertsteuer nicht abrechnet und die Bezugssteuer diesen vermeintlichen Vorteil ausgleichen soll, wie ist vorzugehen?
Grundsätzlich sieht das Mehrwertsteuergesetz vor, dass der Leistungserbringer (Lieferant, Dienstleistungserbringer) die MWST mit der Eidgenössischen Steuerverwaltung abzurechnen hat. Im Falle der Bezugssteuer wird die Deklarationspflicht umgekehrt und dem Leistungsempfänger auferlegt. Der Empfänger der Dienstleistung muss gegenüber der Eidgenössischen Steuerverwaltung den Dienstleistungsbezug deklarieren, falls die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind.
Steuerlast – wird die Bezugssteuer zur endgültigen Steuerbelastung?
Für Unternehmen, die nach der effektiven Methode mit der MWST abrechnen und ein vollumfängliches Vorsteuer-Rückerstattungsrecht geltend machen können, stellt die Bezugssteuer insofern kein Problem dar, als dass diese lediglich zu deklarieren ist, jedoch nicht zu einer endgültigen Steuerbelastung führt.
Anders sieht dies bei Unternehmen aus, die nicht mehrwersteuerpflichtig sind und sich nicht freiwillig der Mehrwertsteuer unterstellt haben oder nicht zur vollen Vorsteuerrückerstattung qualifizieren. Letztere können Unternehmen sein, die nach der Saldo- oder Pauschalsteuersatzmethode abrechnen (Spitäler, Altersheime und Weitere), Gesellschaft mit ausgenommenen Umsätzen (Ausbildungsunternehmen, Immobilienunternehmen) oder Privatpersonen, die im Ausland Leistungen beziehen. In diesen Fällen kann die Bezugssteuer (teilweise) zu einer definitiven Steuerbelastung führen.
Bitte beachten Sie ferner, dass im Gegensatz zum Veranlagungsverfahren bei den Direkten Steuern (Einkommenssteuern, Gewinnsteuern usw.) die Mehrwertsteuer eine sogenannte Selbstdeklarationssteuer darstellt und Sie als steuerpflichtige Person um die korrekte Abrechnung besorgt sein müssen. Da die Bezugssteuer einen Teil des Mehrwertsteuergesetzes darstellt, gilt die Selbstdeklaration auch für diese Steuer.
Empfehlungen und Fazit
- Überprüfen Sie bei grenzüberschreitendenden Leistungsbezügen (Waren, Dienstleistungen) stets, ob in der Schweiz eine Steuerpflicht durch diese Bezüge ausgelöst wird.
- Enthalten die Rechnungsstellungen aus dem Ausland keinen Hinweis auf Mehrwertsteuern oder beispielsweise einen Vermerk wie „reverse charge“, treffen Sie entsprechende Abklärungen.
- Achten Sie bei der Führung der Finanzbuchhaltung darauf, allfällige Bezugssteuern korrekt abzubilden.
Falls Sie Fragen haben oder Unterstützung benötigen, freuen wir uns über Ihre Kontaktaufnahme.
Quellen:
- MWST Info Nr. 14 Bezugssteuer der ESTV (Webpublikation, Zugriff 10. Juli 2024)
Autor
M.i.c.h.a.e.l. .R.ü.e.g.g.e.r
dipl. Wirtschaftsprüfer
dipl. Betriebsökonom FH
zugelassener Revisionsexperte
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