Geschäftsfahrzeuge für Grenzgänger
aus TRETOR Newsletter Ausgabe Juni 1/2015
Ausgangslage
Überlässt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer mit Wohnsitz im grenznahen Ausland ein Firmenfahrzeug auch für die private Nutzung, so hat dieser Sachverhalt für den Arbeitgeber bereits seit dem Jahr 2013 umsatzsteuerrechtliche Konsequenzen in Deutschland.
Diese Neuregelung erfordert eine verbindliche Vereinbarung bezüglich der Nutzung des Fahrzeuges mit sämtlichen Grenzgängern, welchen ein Geschäftsfahrzeug zur Verfügung gestellt wird.
Ab 1. Mai 2015 liegt in diesem Fall gemäss Durchführungsverordnung zum Zollkodex der EU aber auch ein Einfuhrtatbestand vor. Diese Neuregelung erfordert eine verbindliche Vereinbarung bezüglich der Nutzung des Fahrzeuges mit sämtlichen Grenzgängern, welchen ein Geschäftsfahrzeug zur Verfügung gestellt wird.
Beispiel Deutschland:
Eine Unternehmung mit Sitz in Basel stellt seinem Arbeitnehmer, wohnhaft in Freiburg (DE, Arbeitsweg 70 km), ein Geschäftsfahrzeug zur Verfügung. Der Arbeitnehmer nutzt das Fahrzeug auch für private Zwecke, entsprechend wird der Privatanteil gemäss schweizerischer Handhabung von jährlich 9.6 % vom Bezugspreis abgerechnet.
1. Umsatzsteuer in Deutschland
Die Überlassung des Geschäftsfahrzeuges auch für die private Nutzung gilt als langfristige Vermietung eines Beförderungsmittels – der Ort der langfristigen Vermietung liegt im vorliegenden Fall gemäss deutscher Rechtsgrundlage dort, wo der Arbeitnehmer seinen Wohnsitz hat. Dieser Sachverhalt hat für die Unternehmung folgenden Handlungsbedarf.
- Die Leistung ist in Deutschland steuerbar und steuerpflichtig
- Registrierungspflicht der Unternehmung in Deutschland beim Finanzamt Konstanz
- Antrag auf umsatzsteuerliche Erfassung sowie die Einreichung von monatlicher Umsatzsteuervoranmeldungen und Abgabe einer Umsatzsteuerjahreserklärung in Deutschland
- Möglichkeit zur Rückforderung von bezahlten Vorsteuern in Deutschland
Die Berechnung der in Deutschland zu bezahlenden Umsatzsteuer wird wie folgt vorgenommen:
2. Einfuhrsteuer
Ab 1. Mai 2015 ist der private Gebrauch nur noch für Fahrten zwischen Wohn- und Arbeitsort gestattet. Bei jeglicher weiterer privater Nutzung durch den Arbeitnehmer und durch Dritte entstehen Einfuhrabgaben
Bei jeglicher weiterer privater Nutzung durch den Arbeitneh mer und durch Dritte entstehen Einfuhrabgaben in Deutschland.
in Deutschland. Mit Ausnahme von reinen Gesellschaftsorganen (z. B. Verwaltungsräte ohne Anstellungsvertrag) gilt diese Regelung für sämtliche Arbeitnehmer, somit auch für alle leitenden Angestellten.
Von den Behörden wird entsprechend das Mitführen eines Arbeitsvertrages verlangt, in dem die ausschliessliche Nutzung des Geschäftsfahrzeuges für den Arbeitsweg und für betriebliche Zwecke explizit festgehalten ist – nur dann ist die Einfuhrbefreiung in der EU gewährleistet.
Bei einem Verstoss gegen die Nutzungsund Zollvorschriften müssen die Einfuhrabgaben sowie die Einfuhrsteuer auf dem vollen Wert des Fahrzeuges entrichtet werden. Das Fahrzeug wird beschlagnahmt und es ist mit einem Bussgeld sowie weiteren strafrechtlichen Konsequenzen zu rechnen.
Zudem wird die Einfuhrsteuer inklusive Verzugszinsen aufgerechnet und der Steuerschuldnerin bzw. der Unternehmung in Rechnung gestellt (auch für zurückliegende Jahre).
Ausnahmen und besondere Bestimmungen
Servicefahrzeug
Die Überlassung eines Servicefahrzeuges auch für den Arbeitsweg gilt ausnahmsweise nicht als langfristige Vermietung eines Beförderungsmittels – entsprechend entsteht keine Umsatzsteuerpflicht in Deutschland. Durch die Beschränkung auf Fahrten zwischen Wohn- und Arbeitsort ist dieser Sachverhalt auch von der Einfuhrsteuerpflicht befreit. Auch hier ist ein Arbeitsvertrag mit Verweis auf die Nutzung eines Servicefahrzeuges mitzuführen.
Poolfahrzeug
Wird dem Arbeitnehmer ein Poolfahrzeug zur Verfügung gestellt, so ist eine Bescheinigung über die ausschliessliche betriebliche Nutzung durch verschiedene Arbeitnehmer im entsprechenden Fahrzeug mitzuführen.
Fazit
Die neuen zollrechtlichen Regelungen bergen Risiken für Arbeitnehmer und Arbeitgeber – die Nichteinhaltung kann finanzielle Folgen und unverhältnismässige Umtriebe mit sich bringen. Zudem ermöglicht das Schengen-Dublin-Abkommen Rechtshilfe bei Fiskalfällen zur Bekämpfung des Betruges, insbesondere in Sachen Zoll- und Mehrwertsteuer.
Wir empfehlen somit, die ab 1. Mai 2015 geltenden zollrechtlichen Bestimmungen hinsichtlich Anpassungen im Arbeitsvertrag bei sämtlichen Grenzgängern, welchen ein Geschäftsfahrzeug zur Verfügung gestellt wird, einzuhalten.
- Verpflichtung des Arbeitnehmers zur ausschliesslichen Nutzung für Privatfahren zwischen Wohn- und Arbeitsort sowie für geschäftliche Fahrten innerhalb der EU, inkl. Umschreibung der geschäftlichen Tätigkeit
- Untersagung der Nutzung durch Dritte
- Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Mitführung einer Vertragskopie im Geschäftsfahrzeug
Diese schriftliche Vereinbarung soll auch gelebt werden und ist keinesfalls bloss Formsache!
In Deutschland ist somit ausschliesslich die Umsatzsteuer für den Arbeitsweg über das Finanzamt in Konstanz abzuliefern.
In Frankreich ist aufgrund differenzierter Gesetzgebung keine Umsatzsteuerpflicht geschuldet. Mit Einhaltung der obengenannten Bestimmungen entfällt die Pflicht der Verzollung des Fahrzeuges sowie der Bezahlung der französischen TVA.
Im Lohnausweis ist entsprechend das Feld «F» – unentgeltliche Beförderung zwischen Wohn- und Arbeitsort – anzukreuzen. Die Abrechnung des Privatanteils fällt aus unserer Sicht weg oder ist zumindest reduziert vorzunehmen. Jedoch bleibt offen, wie die Schweizer Steuer- und Sozialbehörden diesen Umstand in der Praxis handhaben werden.
Alternativ kann die Unternehmung den Arbeitnehmenden Poolfahrzeuge zur Verfü gung stellen. Der Arbeitnehmer nutzt für den Arbeitsweg sein privates, im Ausland immatrikuliertes Fahrzeug und hat für Geschäftsfahrten das am Arbeitsort stationierte, sogenannte Poolfahrzeug zu verwenden. Mit dieser Lösung würden sämtliche administrativen Aufwendungen im Zusammenhang mit Vertragsanpassungen und einer allfälligen Umsatzsteuerablieferung in Deutschland wegfallen.
Nutzt der Arbeitnehmer sein privates, im Ausland immatrikuliertes Fahrzeug für
Jedoch muss in der Schweiz mit der Umkehrproblematik gerechnet werden.
Geschäftsfahrten in der Schweiz und werden ihm anhand von Kilometerentschädigungen die entstandenen Kosten zurückerstattet, so ist dies von den EU-Staaten zwar gestattet. Jedoch muss in der Schweiz mit der Umkehrproblematik gerechnet werden.